ETFs (Exchange Traded Funds) sind derzeit (2015) stark im Kommen, jedes Jahr werden hunderte neu aufgelegt. Was was dafür und dagegen spricht, und man beachten sollte, v.a. im Vergleich zu normalen Investmentfonds (Mutual Funds), habe ich hier zusammengestellt, mit Schwerpunkt auf Aktien-ETFs. Die folgende Diskussion basiert auf Erfahrungen, Webrecherche, und eigenen Gedanken zur Thematik, und Sie sollten, wie zu jeder (Finanz)Information, das auch hinterfragen und selbst darüber nachdenken.
Wem es zu lang ist, hier mein Schluss: global anlegende, physisch replizierende Aktien-ETFs sind durchaus sinnvoll, der Rest … ist fraglich (oder für spezielle Anwendungsfälle, oder Spekulanten)
Hinweis: wie jeder Inhalt im Internet hat diesen Artikel ein Mensch geschrieben, daher kommt auch das Wort “ich” vor. Das ist auch Absicht, denn im Gegensatz zu vielen “professionellen” Seiten will ich nicht kaschieren, dass ein Mensch (mit beschränktem Wissen) hinter den Informationen steckt.
Pro
Diversifizierung
Wie klassische Aktienfonds auch reduzieren ETFs das Verlustrisiko (wenn eine einzelne Firma pleite geht), indem in viele verschiedene Unternehmen investiert wird. Manche ETFs (wie z.B. Vanguard FTSE All-World mit fast 3000 enthaltenen Unternehmen) sind da sehr breit aufgestellt.
Geringe Kosten (=höhere Erträge?)
ETFs haben meist (je nach Produkt) signifikat geringere laufende Kosten (TER = Total Expense Ratio) als herkömmliche Fonds – die TER liegt bei klassischen Fonds im Bereich 1,5% bis 3%, bei ETFs eher bei 0,2% bis 1%.
Die Theorie ist folgende: alle Marktteilnehmer in Summe bilden “den Markt”. Manche werden in einen Teil des Marktes investieren (wie z.B. die Google-Aktie in den letzten 10 Jahren), der sich besser entwickelt, andere haben Pech und haben Enron bis zum Schluss nicht verkauft. D.h. alle zusammen können nicht besser sein als der Markt, weil sie der Markt *sind*.
Historisch scheint es so zu sein, dass der Großteil (90% laut den diversen Seiten) der aktiven Manager es nicht schafft, den Markt zu schlagen. Ist auch irgendwie logisch, weil die zusätzlichen Kosten erst einmal durch die bessere Strategie wettgemacht werden müssen. Der Extremfall wäre: der Markt besteht nur aus aktiven Fondsmanagern. Dann wäre die durchschnittliche Performance eines Fondsmanagers die des durchschnittlichen Marktes abzüglich der Kosten, also z.B. Markt minus 2% pro Jahr
Die Prämisse von ETFs ist einfach: wir können nicht schlauer sein als der Markt (bzw. ist es mit zu hohen Kosten verbunden, die den Vorteil wieder zunichte machen), also bilden wir den Markt ab, und das zu sehr niedrigen Kosten.
ETFs haben auch keinen Ausgabeaufschlag (aber das ist vernachlässigbar, was sind einmalig 4% im Vergleich zu 2% Kosten jedes Jahr). Zu berücksichtigen sind natürlich trotzdem die Brokerage-Gebühren für Depotführung (es gibt auch Anbieter ohne fixe Depotkosten) und für Kauf und Verkauf.
Bei langfristigen Anlagen und etwas größeren Beträgen (ab mehrere Tausend Euro pro Transaktion) sind die Broker-Kosten für Kauf und Verkauf vernachlässigbar
“Objektivität”
ETFs (zumindest die sinvollen ETFs) haben ein klares Regelwerk, nach dem Anteile gehalten werden.
Handelbarkeit
ETFs kann man wie Aktien über einen Online-Broker kaufen, zu den normalen Börsenzeiten, und das zu ziemlich flott (innerhalb von Sekunden). Nachdem ETFs wie Aktien gehandelt werden, kann man auch Limits setzen etc.
Kontra/Achtung
Die Liste der “Cons” ist deutlich länger als die der Pros, weil es schwarze Schafe gibt, für Normalanleger ungeeignete Dinge, einfach auch gutgemeinte Warnhinweise, die vermutlich für viele Investments zutreffen. Und die Welt ist natürlich auch einfach nur gefährlich 😉 Lassen Sie sich also nicht abschrecken. Dass Aktien-Investments ein gewisses Volatiliätsrisiko haben (“kann morgen nur die Hälfte wert sein”), ist natürlich vorausgesetzt.
Noch nicht lange da
Sehr viele ETFs gibt es erst seit kurzem – meistens nur wenige Jahre. Vor allem die in Europa verfügbaren ETFs sind noch “jünger”. Für jemanden der auf Jahrzehnte anlegen will (andernfalls sollte man ohnehin nicht in Aktien investieren), ist das natürlich ein gewisser Widerspruch, und macht mich persönlich etwas unsicher.
Achtung bei den Charts
Passend dazu – dadurch dass die meisten ETFs die heute am Markt sind nach 2008/2009 aufgelegt wurden, zeigen die Kurven fast ausschliesslich nach oben. Wie sich der ETF in der Finanzkrise verhalten hat (hätte), ist somit nicht ersichtlich. Somit kann man nur den zugrundeliegenden Index für einen längeren Zeitraum ansehen (falls es diesen Index überhaupt schon länger gibt).
Lebensdauer
Derzeit werden ETFs en masse aufgelegt, von vielen Anbietern zu allen möglichen Strategien, Branchen etc. Ob diese alle in 10, 20 oder 30 Jahren noch vorhanden sein werden, ist zweifelhaft.
Kleine Fondsgröße
Zu kleine Fonds haben vermutlich auch ein höheres Risiko, wie gerade erwähnt wieder einmal zu verschwinden. Ausserdem ist die Liquidität (=jemand anderer kauft mir das wieder ab) dann auch schlechter, wobei ich nicht sicher bin, ob nicht anders als bei Aktien die ohnehin ETFs schlussendlich immer von den Emittenten verkauft/gekauft werden.
Emittentenrisiko (bei Swaps)
Viele ETFs verwenden sogenannte Swaps, eine Finanzkonstruktion, bei der eine Bank (Emittent) die Indexabbildung gegen einen hinterlegten Warenkorb (der etwas anderes enthalten kann) tauscht. Somit hält der Fonds eigentlich etwas anderes als der Index, und die Differenz ist durch die Bank garantiert. Und eine Bank kann natürlich ausfallen. Swaps werden verwendet, weil es mitunter nicht möglich ist, das Produkt auch wirklich durch tatsächlichen Erwerb der enthaltenen Werte zusammenzustellen, und auch der Einfachheit halber.
Das Gegenteil von Swaps ist die physische Abbildung (physical replication), d.h. der Fonds versucht wirklich, alle im Index enthaltenen Titel tatsächlich in der passenden Menge zu besitzen. Dazwischen gibt es noch das optimized sampling, wo nur eine repräsentative Auswahl der im Index enthaltenen Titel auch tatsächlich vom ETFs gehalten wird.
Wertpapierleihe (Securities Lending)
Einige (viele?) Anbieter verleihen selbst bei physisch replizierenden ETFs die enthaltenen Wertpapiere an Dritte. Das kann einerseits den Ertrag steigern (die Leihe kostet ja etwas), allerdings es auch ein Risiko, wenn der Fonds die Aktien dann eigentlich gar nicht selbst hat.
Sinnlos-Produkte
ETF auf Rinderhalter in Ostasien gefällig? Gibt’s vermutlich sogar. Viele der ETFs sind (sehr) spezifisch, und brechen somit das Konzept der Diversifizierung wieder, obwohl ETFs eigentlich ja dazu gedacht wären, sonst kann man gleich Einzeltitel kaufen. Wozu in einen (sehr) speziellen Anteil des Marktes investieren, wenn ich in den ganzen investieren kann (was ja der Sinn von Diversifikation/ETFs ist). Hier sind ein paar Beispiele, die für normale Anleger fraglich sind:
- Branchen/Regionen-ETFs können Sinn machen, wenn man Insider ist, und weiss, dass diese Branche wirklich Zukunft hat – aber wer kann schon wirklich in die Zukunft sehen. Ansonsten ist es einfach Spekulation, dass diese Branche/Region besser performen könnte als der Durchschnitt
- Selbes gilt für Strategie-ETFs. Dividenden-ETFs sind vielleicht etwas eine Ausnahme, weil sie eine höhere regelmäßige Ausschüttung haben – für ein regelmäßiges passives Einkommen natürlich nett. Ansonsten gilt aber auch wieder: man spekuliert damit darauf, dass Unternehmen mit vergangenen hohen/regelmäßigen Divididen (nach ca. dieser Strategie scheinen viele Dividenden-ETFs/Indizes zu handenl) sich auch in Zukunft gut entwickeln werden (=besser als der Gesamtmarkt).
- Viele Portfolio-Empfehlungen enthalten auch einen gewissen Anteil “Rohstoffe”, und dazu gibt’s auch genug ETFs. Ich persönlich bin da etwas skeptisch, weil Rohstoffe eigentlich keinen Ertrag und kein Wachstum haben, bestenfalls eine gewisse Inflationsabsicherung bieten. Aber natürlich hat ein Rohstoff-ETF auch Kosten, und die z.B. 0,5% Kosten pro Jahr kann man abschreiben (im Vergleich z.B. wenn physisches Gold zu Hause hat, das nichts kostet). Wenn unbedingt Rohstoffe (als Ergänzung zu Aktien/Anleihen in gemischten Portfolios des Öfteren empfohlen), dann würde ich vielleicht eher einen ETF auf Rohstoffunternehmen verwenden – Unternehmen haben wenigstens Dividenden und Wachstumschancen – sind dafür aber eben wieder Aktien.
- Der Gipfel sind Gold-ETFs. Keinerlei Diversifizierung (Gold ist Gold, wozu ETF?), keine Ertrags/Wachstumschancen, aber eben Kosten, und ein gewisses Risiko – ist das Gold wirklich dort, wird es verliehen?. Wenn unbedingt Gold, dann eher einfach physisch kaufen, das ist auch als Absicherung für Worst-Case-Szenarien sinnvoller als immaterielle Rechte (letztendlich nur Bits und Bytes) an einem Fonds.
- Gehebelte Produkte usw. – auch bei ETFs gibt es vieles, was ein Otto-Normalanleger vermutlich nicht kaufen sollte
Brokerage-Kosten
Für kleine regelmäßige Beträge kann es teuer werden, ETFs zu kaufen, wenn jedesmal die volle Handelsgebühr anfällt. Die Möglichkeit ist dann, entweder das Geld selbst anzusparen und eben in längeren Intervallen zu kaufen. Es gibt aber auch ETF-Sparpläne bei verschiedenen Anbietern.
Tracking Difference/Error
ETFs sollten eigentlich einen Index (abzüglich Verwaltungsgebühr) perfekt nachbilden. Das gelingt aber nicht immer 100%, daher kann ein ETF sich auch schlechter entwickeln als der zugrundeliegende Index. Bei sehr schnellen Marktbewegungen könnten ETFs vermutlich Probleme haben, da sie per Definition ja fast kein Cash halten.
Spreads
Es werden wie bei Aktien auch bei ETFs Differenzen zwischen Ein- und Verkaufspreis (Spread) auftreten, was natürlich ungünstig ist. Das hängt auch von der Börse ab, wie viel ein ETF gehandelt wird bzw. wie viele Market Maker dort den ETF anbieten. Bei exotischen ETFs kann der Spread schon mal mehrere Prozent betragen, im Idealfall ist der Spread aber gering, z.B. 0,2%.
Versteckte Kosten – Tax Leakage
Üblicherweise findet man für die Gesamtkosten von ETFs diese Aufsummierung: Expense Ratio + Commission + Spread + Tracking Error.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit – es gibt einen zusätzlichen Kostenpunkt, der vermutlich nochmal so viel ausmacht wie alle diese Punkte zusammen: die Quellensteuer auf Dividenden (withholding tax). Diese ist in die meisten (alle?) Referenzindizes für ETFs bereits hineingerechnet (deshalb heissen Indizes z.B. MSCI World Net Total Return – das “Net” ist hier ausschlaggebend). Wie dieser Artikel aufzeigt, ist die “Tax Leakage” beim MSCI World Index ca. 22% der Dividendenerträge. Auf gut Deutsch heisst das: die Indizes sind so konstruiert, dass eine (von der Zusammensetzung abhängige) fiktive Quellensteuer von den Dividenden abgezogen wird, d.h. die ETFs messen sich nur mehr an (recht hoch) versteuerten Indizes.
Für das obige Beispiel heisst das: bei 3% Dividendenrendite der darunterliegenden Aktien enthält der Index nur mehr 2,34% – und erhöht die Gesamtkostenquote um 0,66% – das ist viel, wenn die ETFs per se eine offizielle “Gesamtkostenquote” von z.b. 0,20% haben.
Dieser Vergleich ist v.a. interessent wenn man ein reines Aktieninvestment gegenüberstellt – die Kosten der günstigsten ETFs gegenüber einem selbst gehaltenen Aktienportfolio sind somit 0,2% + 0,66% = 0,86% p.a., und dazu vielleicht noch ein kleiner Tracking Error von 0,15%, und schon ist man bei 1% Kosten (und hat noch das Swap/Wertpapierleihe-Risiko mit im Boot). Natürlich hat man bei einem selbst zusammengestellten Portfolio wegen der Einzelpositionen höhere Tradinggebühren, und eben weniger Diversifikation als ein breit aufgestellter Index. Wie das im Vergleich mit klassischen Aktienfonds aussieht, weiss man nicht so genau – aber diese messen sich vermutlich an denselben tiefstaplerischen Indizes …
Wer jetzt glaubt, ein selbst zusammengestelltes Aktienportfolio ist der Weisheit letzter Schluss, sollte dringend diesen Artikel lesen
Bei Einzelaktien hat man das Problem mit der Quellensteuer deswegen nicht, weil die schon einbehaltene Quellensteuer im Ursprungsland mit der KESt gegengerechnet = abgezogen wird – wobei für Kleinanleger nachteilig dazukommt, dass max. 15% Quellensteuer automatisch berücksichtigt werden, den Rest kann man sich beim Finanzamt des Ursprungslandes zurückholen (viel Spaß in Spanien …). In den Indizes wird die Quellensteuer nicht gegengerechnet (selbst wenn der ETF das dann teilweise machen kann), und z.B. für die USA 30% withholding tax angenommen, obwohl für einen normalen Besitzer von US-Aktien de fakto 0% fällig sind (15% reduzierte Quellensteuer für nicht-US-Bürger, die dann noch von der KESt abgezogen werden).
Fairerweise muss gesagt werden, dass manche ETFs, z.B. Emerging Markets ETFs, geringere versteckte Steuerkosten haben (11% lt. derselben Quelle) – wobei das kommt natürlich immer auf den jeweiligen Index an
Versteckte Kosten Teil 2 – Index Front Running
Nachdem ja ziemlich transparent ist, wann Unternehmen in Indizes aufgenommen werden, können andere Investoren gezielt Unternehmen kaufen, die in einen der großen Indizes (z.B. S&P 500) aufgenommen werden – das steigert die Preise, zu denen die Indexfonds/ETFs dann das Unternehmen kaufen (müssen) – ein weiterer Nachteil, der die Performance eines Indexfonds schmälern könnte. Wie in diesem Artikel angemerkt wird, kann das bei einem S&P 500 Indexfond/ETF ca. 0,3% pro Jahr ausmachen – dieses Risiko hat man aber nicht, wenn der Index den gesamten Markt abdeckt – Unternehmen sind einfach im Index, da kann nicht darauf spekulieren werden dass sie in den Index aufgenommen werden, weil sie immer drin sind.
Vielleicht gibt es Fondsmanager die den Markt übertreffen
Ein kleiner Teil der Fondsmanager wird es sicher schaffen, den Markt dauerhaft zu übertreffen. Wenn man sich die Firmen wirklich genau ansieht, kann man langfristig vermutlich schon einen Vorteil erwirtschaften (wie Warren Buffet es tut), als einfach blind von allen Unternehmen etwas zu kaufen. Aber lt. vielen anderen Internetquellen übertreffen langfristig die meisten aktiv gemanagten Fonds den Markt nicht (eben auch wegen der Gebühren).
Nur geringer Kostenvorteil
Bei Online-Brokern, die die Provisionen (großteils) rückerstatten und keinen Ausgabeaufschlag verlangen, sind die Verwaltungsgebühren von aktiv gemanagten Fonds evtl. gering genug, um den (kleinen) Kostennachteil durch eine bessere Investmentstrategie aufzuwiegen. Aktiv gemanagte Fonds können über ihre Anteile auch (positiven) Einfluss auf die Unternehmen nehmen, ETFs als rein passive Investments tun das vermutlich nicht.
Währungsrisiko
Der Wert von ETFs schwankt nicht nur mit den Kursen der enthaltenen Unternehmen (des Index) sondern auch mit der Währung (in unserem Fall Euro) – steigt der Euro, sinkt der Wert der Anteile, und umgekehrt. Es gibt auch ETFs die eine Absicherung gegen Währungsschwankungen haben (Hedged), was sich aber in höheren Kosten niederschlägt (die Währungsabsicherung kostet natürlich).
Dein Feind – du selbst?
Durch die leichte Handelbarkeit von ETFs und die geringen Kosten (kein Ausgabeaufschlag) besteht eher die Versuchung, dass man häufiger kauft und verkauft als bei klassichen Fonds. Und leider kauft/verkauft man oft zu einem gelinde gesagt suboptimalen Zeitpunkt.
“Systemische Effekte”
Nur meine persönliche Überlegung: Wenn immer mehr über Indexfonds/ETFs investiert wird, die über recht starre Regeln kaufen und verkaufen, lässt sich das einerseits vermutlich ausnutzen (Frontrunning), andererseits kann das ziemliche Kursbewegungen bzw. nachteilhafte Effekte erzeugen.
Skepsis bei Herdenverhalten
Wenn die Massen in eine bestimmte Richtung laufen, heisst es vorsichtig sein und das Hirn einschalten. Und derzeit sind die ETFs definitiv ein starker Trend. Wobei die Kostenvorteile natürlich auf der Hand liegen, also durchaus auch ein realer Grund für den Exodus aus aktiv verwalteten Fonds besteht. Andererseits ist die große “Herde” derzeit noch in klassiche Investmentfonds investiert, und so viel ändert sich nicht, wenn in ETFs umgeschichtet wird. Dazu dem Thema gibt’s hier einen interessanten Beitrag.
Thesaurierend vs. Ausschüttend
Gilt für alle Fonds: Je nach Anbieter können bei Ausschüttungen Gebühren anfallen. Z.b. bei flatex.at kostet eine Dividende > 15 Euro immer 5 Euro Gebühr – bei einem Posten von 10.000 Euro der 4x im Jahr ausschüttet, sind das 20 Euro = 0,20% zusätzliche Kosten (was nicht so wenig ist relativ zu einer TER von z.b. ebenfalls 0,20%). Nachtrag zu flatex.at: laut deren Auskunft zu Ausschüttungen von ETFs fallen im Gegensatz zu Dividenden ausländischer Aktien *keine* Gebühren an. Im Zweifelsfall einfach selbst nachfragen.
Eigentum, aber kein Mitspracherecht
Für alle Fonds gilt, dass man das Mitbestimmungsrecht (mag zwar sehr klein sein durch die üblicherweise geringen Anteile eines Kleinanlegers) an den enthaltenen Unternehmen aufgibt bzw. an den Fonds delegiert. ETFs sind die Idealform davon – nach einem fixen Regelwerk werden Aktien gekauft und verkauft, und hat kleinst gestückelte Anteile an einer großen Anzahl an Unternehmen – man hofft, dass sich “der Markt” um solche Dinge wie gutes Management und Nachhaltigkeit kümmert.
Gewichtung nach Markkapitalisierung
Viele ETFs gewichten die enthaltenen Unternehmen nach Marktkapitalisierung – das könnte ein Nachteil sein, weil dann dann überbewertete Unternehmen stärker im ETF gewichtet sind. Ist aber vermutlich vernachlässigbar, weil es ja auch Gründe hat, wenn ein Unternehmen einen hohen Preis hat (gutes Unternehmen, Gewinnaussichten etc.).
ist wirklich das drin was draufsteht?
Wie für die meisten anderen Finanzanlagen gilt: Aktien/ETFs sind nicht real (im Sinn von: kann man angreifen, man hat Kontrolle darüber). Ich hatte das Pech (über einen Dachfonds) Anteile an einem Madoff-Fonds (Madoff-Betrug) zu halten. Das Risiko sollte bei ETFs wesentlich geringer sein aufgrund der hohen Transparenz, aber ausschliessen lässt sich so etwas nicht.
Fazit
Meine Annahmen und Schlüsse bezüglich ETFs sind folgende:
- Niemand kennt die Zukunft – auch kein Fondsmanager – daher sind ETFs/Indexfonds zumindest eine “sichere” Variante, die durch die geringen Kosten sehr nahe am Marktdurchschnitt sein werden – was historisch gesehen nur wenige aktiv gemanagte Fonds schaffen (zumindest schreiben das zahlreiche Seiten)
- Risiko streuen – also ist es eigentlich ein möglichst breit aufgestellter Fonds am besten
- Niemand kennt die Zukunft (2)- ein Strategie/Branchen/Regionen-ETFs wird sich langfristig (vorausgesetzt der Markt ist effizient, und höhere Chancen/Erträge führen auch zu höheren Preisen) auch nicht besser entwickeln als der Gesamtmarkt – ausser man hat Glück, aber man kann auch Pech haben. Und das ist dann Spekulation, aber kein Investment. Daher weltweite Investments
- Unnötige Risiken vermeiden – daher einfach einen physisch replizierenden ETF verwenden, um das Emittentenrisiko einfach nicht einzugehen
- Aktien haben (sehr) langfristig eine gute Rendite, möglicherweise besser als die meisten anderen Anlageformen (zumindest steht das überall) – wenn man jung ist – also Aktien
Schlussempfehlung
Wenn Sie in ETFs anlegen wollen, dann Aktien-ETFs, buy-and-hold (bzw. jährliches Portfolio Rebalancing), physische Replikation (optimized sampling geht auch), möglichst breit gestreut (=weltweit), mit geringen Kosten. Dazu gibt’s von allen großen Anbietern Produkte, wie iShares (iShares Core MSCI World) oder Vanguard (Vanguard FTSE All-World) mit TERs im Bereich von 0,20%.
Dazu noch der 0815-Tipp: einfach liegen lassen, wie’s in 30 Jahren dann aussieht weiss ohnehin keiner, man kann nur nach bestem Wissen eine vernünftige Strategie fahren und dabei bleiben. Und zwecks Nerven: wenig Finanznachrichten lesen (das ist ohnehin fast nur weisses Rauschen und Marketing), wenn dann eher gute Bücher, die nicht unbedingt neu rausgekommen sein müssen.
Zum Kaufzeitpunkt: wie die Wikipedia-Seite zum Durchschnittskosteneffekt (Cost-Averaging) treffend schreibt, ist das mehr ein Marketinginstrument als ein tatsächlicher Effekt bei langfristigen Investments (kann man sich selbst ausrechnen, das sind im Schnitt gesehen ein paar Prozent absolut gesehen auf 30 Jahre). Somit ist es nicht so wichtig (oder gar nicht relevant), ob man alles auf einmal oder über einen längeren Zeitraum verteilt kauft – viel wichtiger ist, die Gesamtstrategie stimmt (Zeitraum, Diversifizierung).
Noch mehr Diversifizierung
Wenn man das Anbieterrisiko auch streuen will, kann man auch in ETFs von verschiedenen Anbietern investieren. Manche “World” ETFs enthalten allerdings keine Emerging Markets (Schwellenländer), wie der iShares Core MSCI World – in diesem Fall wäre es diversifizierungstechnisch sinnvoll, einen kleinen Anteil noch in einen Emerging Markets ETFs zu investieren. Meine persönliche Meinung: Emerging Markets sind in den globalen Akien-ETFs ohnehin etwas untergewichtet, aber das ist natürlich nur meine persönliche Spekulation, dass sich Emerging Markets besser entwickeln werden als die Industrieländer 😉
Im Gesamtkontext
Das alles sollte man natürlich wie immer kombinieren mit einem Liquiditätspolster für alle alle Fälle (Auto geht ein, Job ist weg, …), Anlagen mit persönlichem Nutzen (eine eigene Wohnung bietet auch eine gewisse Sicherheit, und den Wegfall von Mietkosten) und einer Diversifizierung und regelmäßigem Rebalancing mit anderen Anlageformen (Immobilien, Anleihen, bisschen Cash/Tagesgeld), wobei ich persönlich bedingt durch ein junges Alter und einen langfristigen Horizont eher einen hohen Aktienanteil bevorzuge.
Schlussendlich hängt es immer von der persönlichen Risikobereitschaft und der Lebenssituation ab, was am besten ist. Wobei heute nicht mehr klar erkennbar ist, ob Cash oder Anleihen (die ja auch auf Euro lauten) nicht langfristig riskanter sind als reale Werte wie Aktien.
Und bei der ganzen Finanzsprache und den Euros in den Augen nicht vergessen – die wichtigsten persönlichen Investments sind Gesundheit, Familie, und Bildung. Bezüglich der Bildung hoffe ich einen kleinen Anteil weitergeholfen zu haben.
Hallo Sti,
sehr interessanter Post! 🙂 Vielen Dank, dass du deine Erkenntnisse mit anderen teilst! Ich interessiere mich auch gerade für die Indexfonds und überlege gerade wie ich ein geeignetes Portfolio zusammenstellen kann. Vielleicht wird deine Erkenntnis, dass dutzende überbezahlte Fondsmanager doch nichts besser machen als die eigentliche gesamtwirtschaftliche Entwicklung zulässt, auch in Österreich ankommen 😉
Lieben Gruß,
Max
Hi Max,
ja gern – freut mich sehr, danke für deine positive Rückmeldung.
Das Zusammenstellen ist einfach (im Zweifelsfall nen All-World-Fund, und gut is) – beim einfachen Plan zu bleiben ist nicht einfach 😉
Gratuliere jedenfalls, mit dem Interesse für Indexfonds damit bist du schon weiter als viele institutionelle Anleger hierzulande (die einfach die nur teure Fonds des Mutterkonzerns ins Portfolio geben …).