Bekannt ist die kalte Progression ja hinlänglich aus der Einkommenssteuer – die Inflation sorgt dafür, dass man im Lauf der Zeit in eine höhere Steuerklasse rutscht. Jeder zusätzliche Euro ist in einem progressiven Steuersystem höher besteuert als der Durchschnitt des bisherigen Einkommens.
Die KESt ist zwar (derzeit) konstant, aber ebenso wie bei Steuern auf Arbeitseinkommen sorgt sie dafür, dass die Inflation dem Staat zugute kommt (wo nicht – Staatsschulden ja auch schon 😉 ). Da Aktien(fonds) im Schnitt mit der Inflation steigen (und die dahinterstehenden Firmen auch noch Dividenden ausschütten und hoffentlich etwas wachsen), profitiert der Staat auch hier – egal ob es sich um echte Wertsteigerungen handelt, oder einfach nur um den allgemeinen Antieg des Preisniveaus – die KESt fällt an.
Angenommen ein Investment deckt nur die Inflation ab – dann fährt der Investor nach KESt einen Verlust ein, weil Nominalerträge vorliegen (in Geldwert ausgedrückt wurde das Investment ja mehr wert), und auf diesen “Zuwachs” die KESt erhoben wird.
Beispiel: Anlagedauer 1 Jahr, Inflation 2%, daher “Rendite” 2%, bei einem KESt-Satz von 25% bleiben daher nur 1,5% “Rendite” übrig, also ungefähr 0,5% realer Wertverlust (ungefähr deshalb, weil 1,015 (Ergebnis) von 1,02 (neuer Preis von allen inflationsgetriebenen Werten) sind … eben nicht 99,5% sondern 99,5098%). Über längere Zeiträume sieht das dann so aus:1 Jahr | 5 Jahre | 10 Jahre | 20 Jahre | |
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a) 2% Inflation | -0,49% p.a. | -0,475% p.a. | -0,458% p.a. | -0,426% p.a. |
b) 10% Inflation | -2,27% p.a. | -1,97% p.a. | -1,65% p.a. | -1,18% p.a. |
c) 3% Inflation, 3% realer Ertrag | 1,46% p.a. | 1,58% p.a. | 1,71% p.a. | 1,95% p.a. | d) 5% Inflation, 1% realer Ertrag | -0,48% p.a. | -0,36% p.a. | -0,22% p.a. | 0.04% p.a. |
a) zeigt, dass langfristig die kalte Progression schwächer wird, b) ist ein Worst-Case (zeigt aber, dass die kalte Progression langfristig zahnlos ist), c) ist ein einigermaßen plausibles/konservatives Szenario, d) ist ein ein bad case (weniger Ertrag, hohe Inflation).
Fazit – langfristig spricht selbst dieses “Gegenargument” (kalte Progression frisst Erträge) für eine Anlage in realen Werten (z.B. Unternehmen) im Gegensatz zu nominalen Werten, nicht mit der Inflation steigen (aber trotzdem auch besteuert werden).
Großes ABER: Das “plausible” Szenario zeigt aber auch, dass 6% p.a. nomimal zwar toll klingen, aber sich Inflation und Steuern hier gegen den Anleger vereinen, und selbst auf 20 Jahre Anlagezeitraum real nur ca. 2% realer Wertzuwachs erzielt werden.