ETF selbst bauen – Berechnung

Dieser interessante Post von Alex auf homemade-finance hat mich angestossen, selbst durchzurechnen, ob es realistisch ist einen ETF selbst zu konstruieren. (tldr; ja, ist es, wenn man genug Geld hat, die Transaktionskosten niedrig genug sind, und es einem der Aufwand wert ist)

ETFs haben ja gewisse Kosten – wie würde es aussehen, wenn man man z.B. den S&P 500 selbst nachbildet – wäre das günstiger? Es folgt eine Beispielrechnung für ein Portfolio von 100.000 Euro. Disclaimer: das ist nur eine hypothetische Rechnung, hab’s noch nicht ausprobiert 😉

Die Ersparnis

Hier sind die Annahmen:
– der günstigste ETF auf den S&P 500 scheint derzeit der iShares Core S&P 500 (IE00B5BMR087) mit einer TER von 0.07% zu sein.
– Tracking Error nehmen wir nochmal mit 0,03% an
– Dividende ist 2%
– Quellensteuer in den USA ist 15%
– Kapitalertragssteuer ist 27,5%

Die Abzüge im ETF belaufen sich somit auf 0,3% Quellensteuer (15% von 2%) und 0,1% Kosten, somit 0,4%.
Nachdem man aber weniger Steuern zahlt (weil weniger rauskommt), ist der tatsächliche Unterschied 0,29% (0,4% * 72,5%).
Bei einem Anlagewert von 100.000 sind das somit 290 Euro pro Jahr.

Die Kosten

Der günstigste Broker scheint derzeit degiro zu sein, mit ca. 0.6 Euro pro Trade auf amerikanische Aktien, und keine Depotgebühren. Das würde zum Kauf der Aktien 300 Euro an Kosten verursachen, beim Verkauf nochmal 300.
Nachdem die 200 größten Unternehmnen im S&P 500 Index aber schon 80% des Index ausmachen, wäre es eine möglich Optimierung, nur diese zu verwenden, das würde die Anschaffungskosten auf 120 Euro reduzieren.

Angenommen, man muss im Jahr 20 Positionen ändern, um die Indexzusammenstellung laufend nachzubilden, sind das 12 Euro pro Jahr. Rechnen wir noch 8 pro Jahr dazu für sonstige Kosten (gibt’s immer 😉 ).

Herausforderungen (Probleme)

Die Unternehmen am Ende der Top 200 des S&P 500 haben ein Gewicht von 0.12%, d.h. in unserem 100.000 Euro Portfolio einen Wert von 120 Euro. Das ist schon sehr wenig, da gehen sich nur mehr wenige Aktien aus, bzw. kann man das Gewicht dann nicht genau nachbilden weil man nur ganze Anteile kaufen kann.

Das Abbauen/Vergrößern des Portfolios in kleinen Beträgen ist nicht ganz einfach – im Prinzip muss man sich ausrechnen, welche Positionen gerade vom Zielgewicht im Index abweichen, und bei diesen Kaufen/Verkaufen. Das lässt sich aber auch so lösen, dass das Ändern des Portfolios zur Nachführung der Index-Gewichtungen eben durch Abbau/Aufbau erfolgt.

Man verliert durch die Reduktion auf die 200 größten Unternehmen auch etwas an Streuung, das Portfolio ist somit weniger diversifiziert = etwas riskanter.

Steuerlich sollten Aktien einfach sein, allerdings ist es z.B. in Österreich dann ein Mehraufwand, bei einem Broker wie degiro (alle anderen sind derzeit zu teuer um 200 US-Aktien zu kaufen) die Erträge selbst in die Steuererklärung aufzunehmen.

Da ab 2018 in Deutschland die Besteuerung von Fonds geändert wird, ist die Rechnung dann wieder eine andere.

Andere Vorteile

Man kann ggf. durch gezieltes Tax Loss Harvesting etwas an Steuern sparen. Inwieweit die ETFs das intern auch machen ist eine andere Frage.
Man eliminiert eine Zwischenebene (den ETF), das nimmt ein gewisses Risiko weg (dass im Fonds etwas schiefläuft).

Fazit

Wenn man sich den Aufwand antun will, initial 200 Positionen aufzumachen (bei Kosten von 120 Euro) und jährlich eine Handvoll Transaktionen zu tätigen um dem Index zu folgen, und sich um die Versteuerung zu kümmern, kann sich bei einem Portfolio von 100.000 Euro im Bereich von ca. 270 Euro pro Jahr an Mehrertrag erwirtschaften.