Freelancing in Austria

Selbstständigkeit in Österreich (als Softwareentwickler)

Einleitung

Da die Selbstständigkeit doch sehr lockt (bessere Zeiteinteilung, lukrativere Angebote, eigene Initiativen sind möglich), wird hier eine kurze Zusammenfassung der recherchierten Daten aufgestellt.

Die hier enthaltenen Daten sind ohne Gewähr, und Stand Februar 2011.

Grundsätzliches

Selbstständig sein

Selbstständig sein ist nicht nur toll, sondern bringt auch einige Dinge mit sich:

  • Man muss sich mit BWL auseinandersetzen, und zwar nicht nur wegen der steuerlichen/rechtlichen Aspekte, sondern auch wegen der vernünftigen Betriebsführung
  • Man muss alles aufzeichnen – Fahrtenbuch, alle Einnahmen und Ausgaben
  • Man darf nicht behördenscheu sein – beim Finanzamt, Wirtschaftskammer und Sozialversicherung ist man dann papiermäßig oder persönlich vorstellig
  • Man hat keine Arbeitslosenversicherung und Arbeitsausfälle sind Einkommensausfälle (z.B. Krankheit)
  • Man haftet – und Schuld wird gerne abgeschoben
  • Man ist nicht nur 5 Tage die Woche Unternehmer
  • Um die Pensionsvorsorge sollte man sich auch kümmern, weil da als Selbstständiger nicht allzu viel rausschaut

Gründung

Die Anmeldung erfolgt bei der Wirtschaftskammer. Dort sollte man ggf. einen Staatsbürgerschaftsnachweis, evtl. einen Nachweis, dass man befähigt ist, ein Gewerbe auszuüben (als Softwareentwickler z.B. Diplomzeugnis), und einen Ausweis (Pass) dabei haben.

Die Erstanmeldung zum Gewerbe ist (Neugründungsförderungsgesetzt) kostenlos.

Da man Mitglied der Wirtschaftskammer ist, ist Wirtschaftskammerumlage zu bezahlen, das sind 100 Euro pro Jahr.

Wenn man in dieser Form das Gewerbe anmeldet, erledigt die Wirtschaftskammer auch die Anmeldung bei der Sozialversicherungsanstalt, diese schickt dann Antragsformulare. Diese sind am besten schnell mit dem Steuerberater der Wahl auszufüllen.

Danach muss man sich auch beim Finanzamt anmelden (mit der Steuernummer), und muss auch den geschätzten Umsatz und Gewinn bekanntgeben – das führt dann zur Vorschreibung, bei der pro Quartal im Voraus ein Viertel abgeliefert werden muss. Ggf. muss auch die Umsatzsteuer angemeldet werden (siehe weiter unten).

Gewerbeberechtigung

Als Softwareentwickler scheint die Gewerbeberechtigung (vormals Gewerbeschein) “Computersoftwareerzeuger” das naheliegendste zu sein, allerdings ist “Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik” das allgemeinere. Auf firmen.wko.at scheinen eigentlich alle Softwareunternehmen als “IT-Dienstleister” auf.Auf Finanz-Online scheint “Erbringung von Dienstleistungen der Informationstechnologie” die passende Wahl zu sein. Dort gibt es auch unter dem Punkt “Erläuterungen zur ÖNACE 2008” ein Dokument mit einer recht detailierten Beschreibung.

Eine Liste der Gewerbe (freie Unternehmenstätigenkeiten) ist hier ersichtlich.

Gesellschaftsrecht

Als Selbstständiger ist man als erstes mal ein Einzelunternehmer, und somit vollständig haftbar mit dem Privatvermögen.

Es scheint sich aber erst bei grösseren Gewinnen/Umsätze bzw. v.a. auch wenn mehrere Personen involviert sind, auszuzahlen, eine GmbH zu gründen.

Man kann sich ausserdem selbst erst anstellen bei einer GmbH, wenn man zu zweit ist.

Ansonsten sprechen auch diese Gründe vorerst gegen eine GmbH.

  • Höhere Gründungskosten (Notariatskosten ca. 1.100 Euro plus zusätzliche Kosten)
  • Mindestkörperschaftssteuer von 1.750 Euro im Jahr
  • Mindeststammkapital von 35000 (sollte aber für einen vernünftigen Softwarenentwickler kein Problem sein, soviel in der Tasche zu haben)
  • Doppelte Buchhaltung verpflichtend, bei Personengesellschaft nur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung notwendig

GmbH Light

Ab Juli 2013 gibt es eine abgespeckte Form der GmbH mit folgenden Eckdaten:

  • Mindeststammkapital: 10.000 Euro (=nur noch 5.000 Euro Geldmittel nötig wenn der Restebetrag als Sachmittel eingebracht wird
  • Notariatskosten ca. 600 Euro
  • Bei Gründung keine Kundmachung in der Wiener Zeitung (kostet sonst 150 Euro)
  • Mindestkörperschaftssteuer 500 Euro im Jahr

Versicherungen

Als Selbstständiger ist man bei der gewerblichen Sozialversicherung versicherungspflichtig.

Beitragswerte 2013

  • Pensionsversicherung: 18,5%
  • Krankenversicherung: 7,65%
  • Selbstständigenvorsorge (Analogon zur MVK): 1,53%
  • Unfallversicherung: 101,76 pro Jahr

Das sind auch die Werte, die der SVA Beitragsrechner verwendet. Der dortige Begriff “Vorgeschriebene Sozialversicherungsbeiträge im Beitragsjahr” bedeutet nur, dass die Beitragsgrundlage für die Sozialversicherung nicht um die Sozialversicherung reduziert wird (im Gegensatz zur Grundlage für die Einkommenssteuer.

Beitragsgrenzen 2013

Wenn man nebenbei auch noch unselbstständig angestellt ist (=unselbstständige Einkünfte im selben Kalendarjahr hat), gilt als untere Grenze für die Sozialversicherungspflicht 4.641,60. Wenn man rein selbstständig ist, gilt 6.453,36.

Das ist jeweils auch die Mindestbeitragsgrundlage. Wenn man weniger verdient hat, gilt trotzdem diese Beitragsgrundlage, wenn man versichert sein will. Man kann vorab schon eine Überschreitungserklärung abgeben, mit der man angibt, dass man voraussichtlich diese Grenzen überschreitet und sich somit in die Pflichtversicherung einbeziehen. Wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Einkünfte doch geringer waren, müssen trotzdem die Beiträge für diesen Mindestbetrag bezahlt werden.

Opting-in stellt eine Ausnahme dar, wenn man unter diesen Grenzen liegt. Es ist zwar recht “billig”, sich so zu versichern (50 Euro pro Monat, nur Krankenversicherung- gilt aber nur, wenn man auch noch unselbstständig geringfügig angestellt ist.

Mit Gewerbeschein

Wenn man einen Gewerbeschein hat und nicht unselbstständig angestellt ist, ist die Grenze jährlich 8277,72 (Krankenversicherung und Selbstständigenvorsorge, für die Pensionsversicherung aber 8078,4), in den ersten drei Jahren der Tätigkeit gibt es aber eine Ausnahmeregelung:

  • Für die ersten beiden Jahre ist die Mindestbeitragsgrundlage von 6.453,36 für die Krankenversicherung fix (man bezahlt max. für diese Beitragsgrundlage, egal wieviel man verdient), im 3. Jahr ist der vorläufige Beitrag (d.h. bei Mehreinkommen erfolt Nachzahlung) 6.453,36
  • Für die Pensionsversicherung gilt für drei Jahre die reduzierte Mindestbeitragsgrundlage von 6453,36, bei Mehreinkommen erfolgt Nachzahlung (also nicht fix wie bei der Krankenversicherung in den ersten zwei Jahren)

Eine gute Auflistung dazu ist hier zu finden.

(beim Lesen der Dokumente der Sozialversicherung muss man aufpassen – die Werte werden teilweise jährlich, teilweise monatlich und teilweise vierteljährlich angegeben – total chaotisch…)

Pension

Die Beitragszeit als Selbstständiger zählt ganz normal zur Pensionszeit (es wird alles auf ein Pensionskonto zusammengeführt).

Es gilt für die Sozialversicherung im allgemeineb eine monatliche Höchstbeitragsgrundlage von 4200 Euro, d.h. wenn man mehr verdient, zahlt man nicht mehr mehr Beiträge, was aber auch heisst, dass man auch nicht mehr Pension bekommt. Aber als Selbstständiger sollte man ohnehin selbst vorsorgen.

Krankenversicherung

Bei Arztbesuchen (nicht Krankenhaus) gibt es 20% Selbstbehalt. D.h. man sollte zumindest einen gewissen Betrag jährlich dafür kalkulieren. Seit 2012 gibt es die Option, nur 10% Selbstbehalt zu bezahlen, wenn man 5 spezifische sogenannte Gesundheitsziele (Blutdruck, Gewicht, Bewegung, Tabak- und Alkoholkonsum) mit dem Arzt vereinbart und einhält.
Ich nehme als Extremfall 2000 Euro pro Jahr an (bei gesunden, jungen Leuten sollte es viel viel weniger sein), d.h. Selbstbehalt wären dann 400 Euro pro Jahr.

Steuern

Einkommenssteuer

Als Selbstständiger unterliegt man der Einkommenssteuerpflicht.

Ist man auch noch unselbstständig angestellt, so gilt eine Grenze von 730 (Einschleifregelung bis 1460) als Beginn der Steuerpflicht.

Ansonsten beginnt die Steuerpflicht bei 11.000 Euro Gewinn.

Die Aufzeichnungen der Umsätze und Ausgaben können bis zu einem Umsatz von 700.000 Euro mit Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfolgen. Die Aufzeichnungen müssen einzeln und chronologisch gemacht werden.p>

Die Excel-Formel für die Einkommenssteuer bzw. auch Lohnsteuer ist

=IF(gewinn<11000,0,IF(gewinn<=25000,(gewinn-11000)*0.365,IF(gewinn<=60000,(gewinn-25000)*0.432143+5110,(gewinn-60000)*0.5+20235)))

(Zelle mit Steuergrundlage als “gewinn” benennen und im Excel einfügen). Siehe dazu auch Wikipedia-Eintrag zur Einkommenssteuer

Abschreibungen

Betriebsausgaben können gewinnreduzierend geltend gemacht werden.

Alle Ausgaben unter 400 Euro gelten als geringwertige Wirtschaftsgüter (GwG) und können im Anschaffungsjahr abgeschrieben werden.

Ausgaben über 400 Euro sind über unterschiedliche Laufzeiten absetzbar, Einrichtung z.B. über 5 Jahre.

Wenn man sehr geringe Ausgaben hat (wie eben normalerweise als Softwareentwickler) kann man eine Pauschale von 12% des Umsatzes ansetzen. Das ist dann konkret je nach Ausgabensituation abzuwägen.

Gewinnfreibetrag

Es gibt einen Gewinnfreibetrag von 3900 Euro, der auch von der Bemessungsgrundlage für die Steuer abgezogen werden darf. Das ist als Steuerermäßigung im Sinn der Steuerermäßigung eines 13./14. Gehalts zu sehen.

Fahrtspesen

Diäten (man kauft sich selbst was, wenn man arbeitet) gelten, wenn man weiter als 25km fährt, und man länger als 3h weg ist. Abschreibbar sind (Anzahl der Stunden) / 12 mal 26,4 Tagesdiät. (2,2 Euro pro Stunde).

Wenn man allerding oft an den selben Ort fährt, gilt dieser auch als Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit, und man kann die Diäten nur 5x im Jahr geltend machen.

Fahrtkosten

Wenn man mit dem Auto unterwegs ist, gilt ein Kilometergeld von 42 Cent. Das gilt allerdings nur, wenn das Auto weniger als 50% für die betriebliche Tätigkeit genutzt wird. Über 50% muss das Auto ins Unternehmen eingebracht werden, und private Nutzung dann nachgezahlt/abgezogen werden.

Um das alles belegen zu können, muss ein Fahrtenbuch geführt werden.

Sonstiges

  • Mieten
  • Betriebsmittel
  • Materialeinsatz
  • Versicherungsbeiträge für Sozialversicherung
  • Wirtschaftskammerbeitrag, andere Mitgliedsbeiträge
  • Personalkosten, Vergabe an Subunternehmer
  • Werbe- und Marketingaufwand
  • Fachliteratur, Weiterbildung
  • Konto/Bankkosten
  • Steuerberatungskosten
  • Internet

Raumkosten

Wenn man einen Arbeitsraum für den Betrieb nutzt, kann dieser abgesetzt werden. Wenn man von daheim arbeitet, kann also ein Teil der Miete abgesetzt werden, und zwar anteilsmäßig (Wohnung 80 Quadratmeter, Arbeitsraum 15 Quadratmeter => 18,75% der Miete können abgesetzt werden). Bei Eigentumswohnungen können die Anschaffungskosten mit 2% pro Jahr gerechnet werden (virtuelle/fiktive Miete bei sich selbst). Solche Details sind aber am besten mit dem Steuerberater zu klären.

Umsatzsteuer

Ab einem Umsatz von 30000 Euro pro Jahr ist gilt die Umsatzsteuerpflicht. Wenn man darunter liegt, kann man aber zur Umsatzsteuer optieren.

Hier eine Gegenüberstellung der beiden Möglichkeiten (wobei über 30000 ohnehin keine Wahl besteht).

Es kann bei allen Ausgaben (Anschaffungen) die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückgefordert werden (Vorsteuerabzug). Man muss dann aber für erbrachte Leistungen aber auch Umsatzsteuer verlangen. Für Unternehmen ist das egal, da sich diese die gezahlte Steuer über die Vorsteuer auch wieder zurückholen können, bei Privatpersonen und anderen Einrichtungen (Unis) ist das natürlich nachteilig, da so der Preis höher ist, da sich diese die Umsatzsteuer nicht zurückholen können

Wie auch bei der Einkommenssteuer muss auch die Umsatzsteuer im Voraus beim Finanzamt angemeldet werden (Umsatzsteuervoranmeldung = UVA), d.h. wenn man einen Umsatz über 30000 Euro erwartet muss man das tun (oder auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet), und muss auch wieder vierteljährlich eine Vorauszahlung tätigen jeweils am 15. alle 3 Monate beginnend mit 15.2.).

Ab einem Umsatz von 110000 muss die Umsatzsteuer monatlich abgeführt werden.

Dabei wird die verrechnete Umsatzsteuer mit der bezahlten Vorsteuer gegenverrechnet, der Restbetrag muss an das Finanzamt abgeliefert werden (wenn mehr Vorsteuer bezahlt wurde als Umsatzsteuer verrechnet, bekommt man die Differenz logischerweise auch vom Finanzamt zurück).

Ein besonders Augenmerk ist bei Anschaffungen im Ausland (vermutlich v.a. Deutschland) zu tätigen, da hier die UIDNr angegeben werden muss (ATU….).

Besteuert wird entweder mit Sollbesteuerung (in dem Zeitraum in dem eine Leistung erbracht, aber noch nicht verrechnet wird, muss auch schon Umsatzsteuer dafür abgeliefert werden) oder Istbesteuerung (Umsatzsteuer muss erst abgeliefert werden wenn die Leistung verrechnet wird). Sollbesteuerung ist erst relevant, wenn die Umsätze in einem der beiden vorangegangenen Kalenderjahre mehr als 110000 Euro erreichten, d.h. für “normale” Selbstständige ist die Istbesteuerung relevant.

Scheinselbstständigkeit

Wenn man für den früheren Arbeitgeber als Selbstständiger tätig ist, könnte der Verdacht der Scheinselbstständigkeit aufkommen. Das ist v.A. relevant für die Sozialversicherung, da Selbstständige in Summe weniger Beiträge bringen als Angestellte (Selbstständige ca. 25%, Angestellte ca. 40%).

Die Scheinselbstständigkeit kann aber ausgeschlossen werden, wenn man eine

  • Gewerbeberechtigung hat (Hauptkriterium)
  • als Unternehmer auftritt (was halt so dazugehört, Homepage etc)
  • Auf Projektbasis und nicht auf Stundenbasis abrechnet
  • Und natürlich wenn man noch andere Kunden hat

Haftungsrisko

Als Selbstständiger haftet man für seine erbrachten Dienstleistungen und Produkte. Wenn man Mist baut, ist man dran. Siehe auch oben Gesellschaftsrecht.

Es ist sinnvoll, in Verträgen wenn möglich eine Haftungsbegrenzung einzubauen.Ansonsten gibt es auch eine Berufshaftpflichtversicherung. So etwas ist ggf. mit dem Steuerberater zu klären.

Neugründerförderung

Es besteht die Möglichkeit, über das AMS in den Genuss einer Förderung für max. 18 Monate zu kommen (80% des letzten Gehalts), wenn man als Neugründer darum ansucht. Welche Kriterien da genau gelten, ist fraglich, aber vermutlich ist ein plausibler Businessplan notwendig.

Und wenn man wieder angestellt sein will?

Es besteht die Möglichkeit, die Gewerbeberechtigung zurückzulegen. Zu empfehlen ist aber eher, das Gewerbe als ruhend zu melden (reduzierte Wirtschaftkammerumlage von 50 Euro pro Jahr), da bei einer Neuanmeldung auch Kosten anfallen (gratis ist ja nur die Neugründung), und es evtl. auch steuerliche Vorteile hat, wenn man noch Unternehmer ist.